Résumé

Seit 20 Jahren werden weltweit umfangreiche Ressourcen in die Digitalisierung der schulischen Bildung investiert – allein in der Schweiz über eine Milliarde Franken – ohne dass die damit verbundenen Erwartungen auch nur annähernd erfüllt werden. Inzwischen wurde deutlicher, dass eine gelingende Thematisierung und Integration von ICT in Schule und Unterricht das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Faktoren ist. Eine massgebliche Rolle spielen dabei berufsbezogene Überzeugungen (Beliefs) von Lehrpersonen, doch die genaueren Inhalte und Strukturen von ICT-Beliefs der nächsten Generation von Lehrpersonen sind trotz ihrer entscheidenden Rolle weitgehend unbekannt. In einer kulturanthropologisch orientierten, qualitativ-explorativen Studie wurden daher ICT-Beliefs von 102 angehenden Lehrpersonen in der Schweiz erhoben. Durch das mehrstufige Erhebungsverfahren und induktive wie strukturierende qualitative Inhaltsanalyse sowie Typenbildung wurde möglich, Inhalte und Strukturen von ICT-Beliefs detailliert zu bestimmen. Dabei konnten Topoi (wie z.B. Vorstellungen über Lehr-Lernsettings, Agency und Innovationen mit ICT), Diskurse (u.a. Effizienzdiskurs, Kompetenzdiskurs, Identitätsdiskurs), vier Typen und drei Formen von ICT-Beliefs identifiziert und charakterisiert werden. Die Befunde verdeutlichen, welche ICT-Beliefs angehender Lehrpersonen gegenwärtig hochschulische Angebote framen oder filtern und schulische ICT-Praktiken bestimmen können: 98% der untersuchten Lehrpersonen zeigen sich überzeugt, dass die digitale Transformation keine fundamentale Veränderung der Schule, des Unterrichts oder der Aufgaben von Lehrpersonen mit sich bringt. Die untersuchten Lehrpersonen sind bei spontaner Äusserung – in Übereinstimmung mit bisherigen Befunden – eher überzeugt, dass ICT ein Mittel zur Optimierung traditionalen Unterrichts ist und allenfalls langsame, graduelle, aber keine prinzipiellen Veränderungen schulischen Lernens anstehen. Diese Beliefs erscheinen aber stark veränderlich und – entgegen bisheriger Befunde – treten bei vorbereiteter Äusserung Inhalte und Strukturen von ICT-Beliefs hervor, die didaktische, fachdidaktische oder pädagogische Gesichtspunkte zur Geltung bringen und durchaus geeignete Ausgangspunkte für eine ICT-Professionalisierung bilden. Anhand dieser Befunde können die Anforderungen an hochschulische Lerngelegenheiten zur ICT-Professionalisierung präzisiert werden. Der erste Teil der Studie verortet die Erhebung anhand der Theorie der professionellen Handlungskompetenz und durch eine umfassende Übersicht der Forschungen der letzten 20 Jahre zur schulischen ICT-Nutzung, zu Lerneffekten, zu Faktoren gelingender schulischer ICT-Integration, zu Kompetenzanforderungen an Lehrpersonen aus medienpädagogischer und fachdidaktischer Sicht sowie den institutionellen Bedingungen eines ICT-Kompetenzerwerbs an Hochschulen. Dabei wird ein Paradigmenwechsel von den Intentionen einer schulischen ICT-Integration hin zu einer integrierten ICT-Professionalisierung von Lehrpersonen aufgezeigt. Der dritte Teil diskutiert die im zweiten Teil identifizierten ICT-Beliefs als geeigneten Ausgangspunkt von ICT-Professionalisierungsprozessen, bringt einen Vorschlag zur begrifflichen Bestimmung einer integrierten ICT-Professionalisierung ein und skizziert das Desiderat geeigneter Aufgaben zur ICT-Professionalisierung in der Lehrpersonenbildung. (http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_13581)

Détails

PDF

Statistiques

dès
à
Exporter
Télécharger tout l'historique